Missale Pataviense: Cum additionibus Benedictio num Cereorum


-- In zeitgenössischem Schweinsleder mit interessantem Wappensupralibros--
Missale Patavien(se)
. Cum additionibus Benedictio num Cereo(rum): Cinerum: Palmarum: Ignis paschalis, etc. 8 nn., 361 num., 1 nn. Bl. (die 6 Kanonblätter auf Pergament gedruckt). Mit großer Holzschnitt-Vignette mit der Verlegermarke auf dem Titel, zahlreichen, ca. 400 figürlichen Initialen bzw. initialgroßen Textholzschnitten, ganzseitiger Kanonholzschnitt mit Kreuzigung und ganzseitige, in Rot und Schwarz gedruckte Holzschnitt-Druckermarke am Schluss. Titel und Text in Rot und Schwarzdruck, Notendruck in Schwarz auf roten Linien. 20,5 x 15 cm. Blindgeprägtes Schweinsleder d. Z. (winzige Wurmlöcher im Rückdeckel, kaum angestaubt) über abgefasten Holzdeckeln auf drei mit Fileten verzierten und von doppelten gestrichelten Fileten begleiteten Bünden. Auf den Deckeln Rahmenwerk von Streicheisenlinien und drei Rollenstempeln (darunter eine Rolle mit vier Köpfen in Medaillons), vorn das Mittelfeld mit einst goldgeprägtem (schwarz oxidiertem) Wappenmedaillon auf rotbraun gefärbtem Grund. Zwei ziselierte Messingschließen und bläulicher Farbschnitt. Venedig, Petrus Liechtenstein für Lucas Allantse in Wien, 1522.
STC 386. Panzer X, 47, 1134b. Alès 119. Bohatta 202 ("schön gedruckt"). Denis XXII. Rivoli-Essling 15 und S. 69f. (mit Abb.) (Kreuzigung).Graesse IV, 548. Sander II, 4710. Weale-Bohatta 778. Nicht bei Adams. - Seltenes Exemplar des letzten Passauer Missales mit den Kanontafeln auf Pergament gedruckt in einem zeitgenössischen Einband mit interessantem Wappensupralibros. Der letzte Druck eines Meßbuchs für die große, weite Teile Österreichs umfassende Diözese Passau lag schon einige Jahre zurück, und so ergriff der damals bedeutendste Wiener Verlag die Initiative. Die umtriebigen, aus Augsburg stammenden Gebrüder Allantse (oder Alantsee) hatten sich schon 1505 in der unter Maximilian I. mächtig aufstrebenden Hauptstadt Österreichs als Buchhändler niedergelassen; sie reisten "nach Italien und Deutschland; sie kauften und vertrieben viel und ließen bei Winterburger, Vietor und Singriener drucken" (Mayer 157). Auch nach Venedig unterhielten sie enge Verbindungen: Dort hatten sie ab 1505 schon mehrere Passauer Breviarien drucken lassen, u. a. bei Petrus Liechtenstein, so daß der Auftrag an ihn für das Meßbuch fast eine Selbstverständlichkeit war.
Neben der Kreuzinitiale und der 7-zeiligen T-Initiale für das "Te igitur" ist die schöne Kreuzigungsdarstellung bemerkenswert. Das seit dem 14. Jahrhundert populäre Thema der Herauslösung der Dreiergruppe Maria-Christus-Johannes als Andachtsbild ist hier doch um die vierte Person, die das Kreuz umschlingende Maria Magdalena erweitert: Alle Figuren sind dabei in gleicher Größe und Körperlichkeit dargestellt, die Bedeutungsperspektive wird verlassen, der neue Geist des "rinascere" - der Wiedergeburt - durchweht die Darstellung, die wiewohl noch ganz dem spätmittelalterlichen Stil verhaftet bleibt. Mit wenigen Strichen gelang es dem anonymen Künstler, die unterschiedlichen Formen von Trauer und Entsetzen zu akzentuieren und den friedlichen Zügen des Gekreuzigten gegenüberzustellen. - Die ersten zehn Blätter am Oberrand bräunlich verfärbt durch blassen Feuchtrand), sonst durchgehend bemerkenswert sauber und frisch. Innendeckel mit getilgtem Besitzvermerk eines „M(o)n(aste)rij C(…)“; auf dem Titel unter der Jahreszahl 1602 ausradierter Besitzvermerk (Exemplar Bernard Quaritch, Catalogue 268, London 1909, Nr. 543). Der interessante Einband stammt aus einer deutschen Binderwerkstatt, das große Wappensupralibos mit vier Allianzschildern (Wildschwein, Stier, Steigender Hund und Steigender Löwe) um eine Spitzmitra eines Kardinals mit den Initialen "I S A M D".


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